Aus dem Alltag eines DJs - Dezember 2017
Hier findet Ihr die Platten des Monats aus dem Jahre 2021.
Unterstützt den lokalen Plattenhandel, z.B. das Plattenzimmer in Weingarten.
Dezember 2021
Lynyrd Skynyrd, Gimme back my bullets, 1976
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Side A: Gimme back my bullets, Every mother's son, Trust, I got the same old blues, Double Trouble
Side B: Roll gypsy roll, Searching, Cry for the bad man, All I can do is write about it
Lynyrd Skynyrd
- Gimme back my bullets (1976)
.B.Lynyrd Skynyrds 1976-er Album Gimme back my bullets musste zwar nach Ed Kings Weggang mit „nur" noch zwei Lead-Gitarren auskommen, aber Allen Collins und Gary Rossington haben hier ganze Arbeit geleistet - großartige, teils filigrane E-Gitarren-Arrangements (z.B. die Rhythmusparts in I got the same old blues und vor allem Double Trouble, oder die Leadgitarre in Searching). Schöne Details wie der Beckeneinsatz in der Strophe des Titellieds machen das Album perfekt. Cry for the bad man gibt die Anatomie eines perfekten Rocksongs vor: einfaches, aber markantes Gitarrenriff, dann die Leadgitarre obendrauf, dann diese Stimme dazu, und im Refrain der Chorgesang! Ronnie van Zandts Stimme zählt neben Bon Scott (frühe AC/DC) und Paul Rodgers (Free und Bad Company) zum Besten, was der Classic Rock zu bieten hat. Molly Hatchet, Doc Holliday, Georgia Satellites, und wie sie alle heißen mögen – Lynyrd Skynyrd bleiben der Maßstab des Southern Rock! Die großen Hits sind auf anderen Lynyrd Skynyrd-Alben, aber Gimme back my bullets ist ein großartiges, homogenes Gesamtkunstwerk.
[Jochen Praefcke]
November 2021
Michael Moravek, In Transit, 2017
Popup Records
Side A: Lullaby on West Chicago Avenue, Man falling from the sky, Jules Jules, Falling Apart, In transit pt. 1, Dirge
Side B: What are you waving at?, Might be tomorrow, Insect song, Shop on high street, In transit pt. 2
Michael Moravek - In Transit (2017)
Der Ravensburger Musiker Michael Moravek, sonst mit seiner Band The Planeausters unterwegs, hat 2017 das wunderbare Solo-Album In Transit aufgenommen. Die Platte deckt mühelos die gesamte emotionale Bandbreite von schwebend-leicht bis herbstlich-melancholisch ab. Abgesehen von einer tollen Coverversionen des Dylan-Klassikers Dirge - einem der besten (Anti-)Liebeslieder überhaupt (hier zum Vergleich das Original) - sind alle Songs von Michael selbst verfasst. Alles im angenehmer Art und Weise Dylan-esk, aber eben doch eigen und nie platt imitierend. Das Album wurde in Chicago aufgenommen und klingt sehr warm und organisch, sehr gelungen auch die dezent eingesetzte Orgel. Meine Anspieltipps:
- Might be tomorrow - in bester Tom Petty-Manier!
- Jules, Jules - ein Mann, eine Gitarre, fertig.
- What are you waving at - man achte auf den stimmungsvollen
Background-Gesang.
- Man falling from the sky
Und dann das bereits erwähnte Dirge von Bob Dylan - sehr eindringlich ... I hate myself for loving you, and the weakness that it showed.
[Jochen Praefcke]
Oktober 2021
Bloody Hammers, Under Satan's Sun, 2014
Napalm Records, NPR 539
The town that dreaded sundown, Spearfinger, Death do us apart, The moon eyed people, Second coming, Welcome to the horror show, Under Satan's sun, Dead man's shadow on the wall, The last alarm, Necromancer
Bloody Hammers - Under Satan's Sun (2014)
Ein gewisser Anders Manga musiziert unter dem Namen Bloody Hammers zusammen mit seiner Ehefrau Devallia, und das musikalische Ergebnis ist in etwa so düster, wie der Bandname es bereits dezent andeutet. Neben der genre-obligatorischen, fetten E-Gitarre sorgen die Orgel-/Keyboard-Einwürfe von Devallia hier für den ganz besonderen, atmosphärischen Vibe, wie ich finde. Black Sabbath war ja bekanntlich entstanden, weil man das Horror-Film-Feeling musikalisch umsetzen wollte, und genau in diese Kerbe haut Bloody Hammers auch mit der Scheibe Under Satan’s Sun von 2014 - sowohl musikalisch als auch von der Covergestaltung her, ein Gesamtkunstwerk sozusagen. Die Video tun ihr Übriges. Anders Mangas erste Band hieß übrigens "Coffin Moth“ - tja, manche holen sich Hilfe vom Psychiater, andere wiederum gründen eine Band!
Hier vier tip-top Songs zum Reinhören (bevorzugt sehr, sehr laut natürlich): Welcome to the horror show, The town that dreaded sundown, Spearfinger und Under Satan’s sun.
[Jochen Praefcke]
September 2021
Joe Simon, Easy to love, 1977
Polydor, , SP-1-6713
Side A: You didn't have to play no games, Easy to love, It must be love, What's left to do
Side B: With you in mind, Before the night is over, She's my lady, Sweet memories
Joe Simon - Easy to love (1977)
Wer auf Pop-Soul und Funky Disco steht, sollte sich Easy to love von Joe Simon anhören. Gleich zu Beginn gibt’s drei Mal Funky Disco vom Feinsten, in Form von You didn’t have to play no games (mitsamt extra-groovy Bläsersatz), Easy to love und It must be love - die letzten beiden von Tony Joe White als Gastautor beigesteuert. Den Höhepunkt der Platte bildet aber eine Ballade, namentlich With you in mind in einer XXL-Las Vegas-Showversion - der dramatische Streichereinsatz zu Beginn ist nichts für Herzkranke. Falls Ihr es selbst nicht bemerken solltet: es handelt sich bei With you in mind in der Tat um eines der großartigsten Liebeslieder aller Zeiten. Zumal das am besten gesungene „well“ der Musikgeschichte enthalten ist, nämlich am Übergang des ersten Refrains in die zweite Strophe (bei 2:20). Gänsehautmoment, bei jedem Anhören erneut.
[Jochen Praefcke]
August 2021
The M-Tet, Total Nonstop Action, 2020
FNR-126
Side A: Gotta be with you, You should see the other guy, Redbone, VAMP Oakland, That old hammond organ
Side B: Pinch hitter, Recollecting, Katrin's deli, What's left to give, Ray Ban Pt. 2
The M-Tet - Total Nonstop Action (2020)
Höchste Zeit, sich mal wieder mit Soul-Instrumental-Musik zu beschäftigen. Die 2020er-Platte der Band The M-Tet heißt „Total Nonstop Action“, und der Titel könnte irreführender nicht sein. Anstatt Action ist hier nämlich über weite Strecken ein dermaßen chilliger Groove zu erleben, für den man sich normalerweise ins Zen-Kloster einweisen lassen müsste. Die 4 Herren von der US-Westküste haben Booker T & the MGs offenbar mit der Muttermilch aufgesogen, wobei insbesondere die sehr geschmackvolle E-Gitarrenarbeit und die noch geschmackvollere Hammond-Orgel herausstechen. Wer den Chill-Modus erleben will, dem sei Gotta be with you oder What’s left to give zu empfehlen. Die absolute Tiefenentspannung aber liefert Redbone, mein Favorit der Platte. Aber keine Sorge, etwas Action gibt’s schon auch: hört in VAMP, Oakland rein. Hier werden die Herren sehr lässig von Steve Haney, dem Percussionisten des Sure Fire Soul Ensemble (siehe Platte des Monats vom Januar 2020), unterstützt.
[Jochen Praefcke]
Juli 2021
Ann Sexton, Loving you, loving me, 1973
Charly, L336
Side A: You're letting me down, You've been gone too long, Come back home, I still love you, Have a little mercy, It's all over but the shouting
Side B: You're gonna miss me, You're losing me, Love love love, Keep on holding on, Let's huddle up and cuddle up, Lovin' you lovin' me, You can't win, If I work my thing on you
Ann Sexton - Loving you, loving me (1973)
Das Showbusiness ist hart und ungerecht - anders ist kaum zu erklären, warum Ann Sexton nicht den selben Bekanntheitsgrad wie beispielsweise Aretha Franklin oder Carla Thomas hat. So hat sie gerade mal zwei Schallplatten in den 70ern veröffentlicht, und ihre erfolgreichste Single You’re gonna miss me stieg nur auf Platz 47 der Billboard R&B Charts. An der Musik kann’s nicht liegen, wie das durchgängig starke Album „Loving you, Loving me“ von 1973 eindrucksvoll beweist. Herzzerreißende Balladen und Dancefloor-Kracher geben sich sozusagen die Rille in die Hand. Der tief unter die Haut gehende Gesang von Ann wird zudem von einer ausgesprochen geschmackvoll instrumentierten Band untermalt. Man achte besonders auf die dezenten, melodischen Einstreuungen der E-Gitarre. Eine Platte zum rauf und runter hören! Hört Euch insbesondere Keep on holding on und You're losing me an - einmal Ballade, einmal Dancefloor-Kracher.
[Jochen Praefcke]
Juni 2021
Survivor, Survivor, 1979
Bellaphon, 260-14-005
Side A: Somewhere in America, Can't getcha offa my mind, Let it be now, As soon as love finds me, Youngblood
Side B: Love has got me, Whole town's talking', 20/20, Freelance, Nothing can shake me (from your love), Whatever it takes
Survivor - Survivor (1979)
Ein Mysterium: auf der 1988 erschienenen Zusammenstellung „Ultimate“ von Survivor sind 18 Liedern drauf, aber nur 4 gute und nur eines davon vom Debütalbum „Survivor“ von 1979. Da kann man schon mal den Eindruck gewinnen, dass die Herren außer „Eye of the Tiger“ und „Burning Heart“ nicht viel auf die Reihe bekommen haben. Aber weit gefehlt: eben dieses Debutalbum ist ein Meisterwerk des Adult Oriented Rock/Mainstream Hard Rock. Gerade die erste Seite der Platte ist dermaßen stark, da können Genre-Kollegen wie Foreigner und Kansas schon mal leicht blass ums Näschen wirken. Von belanglos-pop-rockig (Somewhere in America und Can’t getcha offa my mind) bis ziemlich geil (As soon as love finds me und Let it be now) wird hier viel Abwechslung geboten ... also, in den recht engen Grenzen des Genres halt. Und beim Groove von Youngblood schielt das Tigerauge schon gehörig ums Eck, wie ich finde. Die zweite Seite fällt in der Tat als Gesamtkunstwerk etwas ab, hat aber dafür mit Nothing can shake me (from your love) - unbedingt anhören! - eine der dramatischsten Sturm-und Drang-Balladen des AOR zu bieten. Mitheulen, Haupthaar schütteln, fassungslos staunen, alles ist erlaubt - aber kalt lässt das keinen. Außer man findet halt 70er-Hardrock blöd. Dann kann man sich wenigstens an der Absurdität des Covers freuen, auf dem nämlich (zusammenhanglos und ohne Nennung in den Credits) eine junge Schauspielerin namens Kim Basinger zu bewundern ist.
[Jochen Praefcke]
Mai 2021
Eric Ambel & Roscoe's Gang, Loud & Lonesome
Survival, SUR 544 CD
Song for the walls, Miles from the machine, Way outside, Three feet under, I'm not alone, One more moment gone, Downtown at midnight, The rain won't stop, Long gone dream, Autumn rose, Red apple juice
Eric Ambel & Roscoe's Gang
- Loud & Lonesome (1994)
Während Eric "Roscoe“ Ambel as Produzent sehr aktiv war, ist sein Werk als Musiker mit nur 3 Studioalben recht übersichtlich. Wir wollen uns seines Albums „Loud & Lonesome“ von 1994 annehmen - ein eindrucksvolles Beispiel für effektives, gutes Songwriting. Mit durchweg eher sparsamer Instrumentierung treibt ein Song nach dem anderen ordentlich voran, rauher Gitarrensound, starke Riffs. Und eine der Platten, die eine ganz eigene Atmosphäre haben. Wie soll man es nur beschreiben? Ja genau: Loud & Lonesome halt! Hier ein paar Tips zum Reinhören:
Eines der vielen von Eric Ambel produzierten Alben ist Crooked Line (1992) von Nils Lofgren, und E-Gitarre und Background Vocals steuert Erich hier auch bei … und da ist sie wieder, die Ambel'sche Atmosphäre. Hört hier rein: Crooked line und Misery (also, den Credits nach hat diese beiden Songs einzig und alleine Nils Lofgren geschrieben, eh klar).
[Jochen Praefcke]
April 2021
El Flecha Negra, Tropikal Passport
Black Forrest Voodoo, D.L. B 25176-2017
Welcome, Vive tu vida, El capitán mantarraya, Una sonrisa, Tierra nativa, Freiburg girl, Mil perdones, Still Believe, Ritmo de negros, Arabdino, Cada uno sabe, Dónde aprieta el zapato, Ya era hora
El Flecha Negra - Tropikal Passport (2017)
Eines fröhlichen Morgens latsche ich durch das sonnendurchflutete Staufen im Breisgau und höre eine Band namens El Flecha Negra auf der Straße spielen. Da kauf ich doch gleich mal 'ne CD. Und wie immer klingt die Musik auf „Tropikal Passport“ natürlich total anders als auf der Straße - aber trotzdem geil. Als Herkunftsort steht hinten auf dem Album passenderweise „Made in World“, denn die Musiker von El Flecha Negra stammen aus Chile, Peru, Spanien und Deutschland. Sie liefern (Zitat vom Vermarkter Black-Forrest-Vodoo) "ein tanzbares und zugleich tiefgreifendes Statement, das südamerikanische Roots und karibische Leichtigkeit vereint.“ Besser kann man’s kaum ausdrücken - ich höre zusätzlich noch ungebremste Spielfreude, Ska und den Sommer raus. Tipps zum Reinhören: Welcome, El capitán mantarraya, Una sonrisa, Freiburg Girl, Ya era hora.
[Jochen Praefcke]
März 2021
Millie Jackson, Caught Up
SEW 003, Soutbound, Ace Record, 1974
Side A: If loving you is wrong I don't want to be right, The rap, If loving ... (reprise), All i want is a fighting chance, I'm tired of hiding
Side B: It's all over but the shouting, It's easy going, I'm through trying to prove my love to you, Summer (the first time)
Millie Jackson, Still Caught Up
SEW 027, Soutbound, Ace Record, 1975
Side A: Loving arms, Making the best of a bad situation, The memory of a wife, Tell her it's over
Side B: Do what makes you satisfied, You can't stand the thought, Leftovers, I still love you (you still love me)
Millie Jackson
- Caught up (1974) & Still caught up (1975) -
Millie Jackson beleuchtet auf den beiden Konzeptalben Caught up und Still caught up jedwede Facette der Dreiecksbeziehung zwischen zwei Frauen und einem Mann. Jeweils eine Seite ist der gehörnten Ehefrau gewidmet, die jeweils andere der Geliebten. Auf Caught up geht auf Seite 1 die Geliebte in Vorleistung mit dem tiefdramatischen "If loving you is wrong I don’t want to be right" (allein der Titel!), um dann in "The Rap" die Vor- und Nachteile der Liebe zu einem anderweitig verheirateten Mann abzuwägen. Nachteil: Sie ist an Feiertagen allein, weil der Mann daheim bei der Familie hockt. Vorteil: Sie muss dem Kerl keine Wäsche waschen (hört’s Euch an, ich hab’s nicht erfunden)! Weiter geht’s mit dem kämpferischen (und tanzbaren) "All I want is a fighting chance". Auf Seite 2 erkennt, um nur einen Song zu nennen, die Ehefrau realistischerweise an: "It’s all over but the shouting." Wir wechseln zur zweiten Platte und finden dieses Mal auf Seite 1 die Ehefrau, die mit "Making the best of a bad situation" mehr oder weniger kapituliert zu haben scheint und den Mann unmissverständlich auffordert: "Tell her it’s over". Auf Seite 2 schlägt die Geliebte wiederum mit voller Wucht zurück mit dem besten Song und dramatischen Höhepunkt beider Platten: in "Leftovers" steht die Ehefrau samt Kind vor der Tür der Geliebten und will ihren Mann abholen - die Geliebte argumentiert vehement dagegen. Wie der Song von der erzählten Geschichte am Anfang in den gesungenen Teil übergeht, der Text ansich, der treibende Shuffle im Hintergrund, der Bläsersatz im Refrain und natürlich Millie Jacksons Stimme - mehr 70ies-Soul geht nicht! Zusammenfassend: die erste Platte ist insgesamt deutlich stärker als die zweite, auf der zweiten ist hingegen mit "Leftovers" ein absolutes Meisterwerk dabei. Ihr erkennt das Dilemma: man braucht beide Platten!
[Jochen Praefcke]
Februar 2021
Eamon, Golden Rail Motel
HAM-LP-1701, Huey Ave Music
Side A: Before I die, Be my girl, Lock me down, I got soul, Burn it up
Side B: Mama don't cry, You and only you, Hands make me dance, Run, Requiem
Eamon
- Golden Rail Motel (2017) -
Durch einen Rechtsstreit mit seinem Plattenlabel bedingt, hatte Eamon bei Veröffentlichung seines Albums „Golden Rail Motel“ im Jahr 2017 eine rund 11-jährige Veröffentlichungspause hinter sich. Er hat die Zeit offenbar genutzt, um sich stilistisch überraschend breit aufzustellen - und er schafft es dabei dennoch, fast immer stilvoll zu bleiben. Eine wahre Wundertüte, diese Platte! Von Be my girl in feinster Philly Soul-Tradition, ultralegerem Hip Hop-Groove in Before I die (mach achte auf den geilen Gitarrenpart im Refrain) oder in Hands make you dance, über Reggae/Rocksteady in Burn it up bis hin zu 50ies-Jukebox-Sound in Run. Sehr geschmackvoll abgerundet wird das ganze durch durch klassischen Soul, und auch hier sehr facettenreich. Fürs Kuschel-Mixtape gibt's I got soul (fast schon mit Drainin’ von Lee Dorsey konkurrierend). Für den gediegenen Abend an der Bar gibt's You and only you welches stimmlich gekonnt zwischen Curtis Mayfield in den ultrahohen Passagen und Terence Trent d’Arby in den tieferen Passagen wechselt. Und zu guter Letzt wird mit Lock me down auch noch mitreißender Dancefloor-Soul geboten, bei dem spätestens beim Refrain kein Tanzbein stillstehen kann. So weit so gut, dann kommen wir mal zum „fast immer stilvoll“ … Eamon hat es sich nicht nehmen lassen, zwei ultrakitschige Klavierballaden mit auf die Scheibe zu packen. Wer auf die Bombastik eines gewissen Meat Loaf steht, der wird zumindest an Requiem wahrscheinlich Gefallen finden. Der zentralen Textzeile „Is this really real?“ ist bei dem Arrangement eine gewisse Ironie abzugewinnen. Bei Mama don’t cry brechen dann endgültig alle Dämme, was selbst einem hartgesotten dem Kitsch zugewandten Menschen wie mir zu viel ist. Wie das durch die geschmackliche Endabnahme kommen konnte, bleibt rätselhaft. Immerhin: Pluspunkte gibt’s für den sehr Heintje-esken Text.
[Jochen Praefcke]
Januar 2021
Willie Bobo & The Bo-Gents, Do what you want to do
SXBS 7003, Sussex, 1971
Side A: Do what you want to do, Shut up and pay attention, Dindi, Come together, Soul Foo Yong
Side B: Broasted or fried, The thrill is gone, How can I say goodbye, Never you mind
Willie Bobo & The Bo-Gents
- Do what you want to do (1971) -
Der Percussionist William Correa, besser bekannt als Willie Bobo, hat 1971 mit den Bo-Gents das Album Do what you want to do veröffentlicht und uns ein über weite Strecken ganz besonders tanzbares Exemplar der Gattung Soul-Jazz-Funk-Instrumental-Musik geschenkt. Willie selbst hält sich mit der Percussion sehr dezent und elegant im Hintergrund. Dafür gibt's im Vordergrund Bläsersätze der groovigsten Sorte (hört in Do what you want to do oder Shut up and pay attention rein) oder lasziv-schrottige E-Gitarre, die sich nahtlos in den Soundtrack fragwürdiger Filmchen aus den 70er-Jahren einpassen ließe - zu hören in Come together (ursprünglich mal von den Beatles). Oder die für das Genre obligatorische Querflöte, zu hören in Never you mind. Willie Bobo scheint einfach ein begnadeter Bandleader zu sein und nutzt, seiner Zeit rund 5 Jahre voraus, den AC/DC-Effekt aus: alles klingt gleich, aber es wäre auch eine herbe Enttäuschung, wenn dem nicht so wäre! Nun gut, abgesehen vom seichten Ausrutscher Dindi, einem der beiden Songs mit Gesang. Willies persönlicher Beitrag an der Percussion ist besonders bei Broasted or fried und beim oben bereits erwähnten Never you mind zu hören.
[Jochen Praefcke]
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