Aus dem Alltag eines DJs - Dezember 2017
Hier stelle ich in mehr oder weniger regelmäßig ein Schmuckstück aus meiner Sammlung vor. Wer bei den Kommentierungen zu den Platten weitestmögliche Objektivität erwartet, hat natürlich Pech gehabt. Ich bitte daher vorsichtshalber schon mal um Entschuldigung, sollte ich jemandes Lieblingskünstler unsachgemäß erwähnen. Ist fast nie ernst gemeint.
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Die Platten des Monats der Vorjahre gibt's auf den separaten Archivseiten (siehe die entsprechenden Untermenüpunkte).
The Boomtown Rats
- The Boomtown Rats (1977) -
Sehr lange bevor Bob Geldof im Zusammenhang von Live Aid den Vorgänger von Bono gab, hat er 1977 mit The Boomtown Rats deren gleichnamiges Debütalbum rausgehauen. Fernab von hitparadlich-ausgelutschten Songs wie "I don’t like Mondays" (1979) oder ihrer anderen Hitsingle "Rat Trap" (1978) gibt’s hier durchgehend unterhaltsamen New Wave-Sound der meist sehr tanzbaren Sorte. Hier möchte ich den Album-Opener "Lookin’ After No. 1", den Album-Closer "Kicks" und "Never bite the hand that feeds" besonders zum Abzappeln ans Herz legen. Am anderen Ende des Spektrums gibt es mit "I can make it if you can" auch entspannteres zu hören. Und die halbschnellen Songs wie "Neon Heart" und "Close as you’ll ever be" gefallen mir am besten, wobei man bei letzterem schon viel guten Willen braucht, um ‚typischen‘ New Wave rauszuhören.
[Jochen Praefcke]
Wilson Pickett - Pickett in the Pocket (1974)
& A funky Situation (1978) -
Zugegebenermaßen war Wilson Pickett bereits in der zweiten Hälfte der 1960er-Jahre auf dem Zenith, mit unsterblichen Songs wie In the Midnight Hour oder mit legendären Coverversionen à la Hey Jude. Wir wollen uns heute jedoch zwei seiner Platten aus den 70er-Jahren genauer anhören, die beide kommerziell nicht erfolgreich waren - und dennoch sehr viel gute Laune verbreiten und auf keiner Soul & Funk-Tanzparty fehlen sollten! Den Anfang macht das 1974er Album „Pickett in the Pocket“, von dem ich Euch zur Lockerung Eures Tanzbeins den Opener "Iron it Out“ oder „Take your pleasure where you find it" ans Herz legen will. Mit „Young boy blues“ ist sogar ein dramatischer Ausflug in bluesigere Gefilde im Programm. Was hatte der Mann für eine wunderbare Stimme! Ähnlich gut drauf war der Altmeister, als er 1978 das Album „A funky situation“ vom Stapel ließ. Allein der Albumtitel verdient höchsten Respekt. Hört Euch „Hold on to your hiney“ an und versucht dabei, still sitzen zu bleiben. Sehr groovige Bläsersätze (von den Muscle Shoal Horns beigesteuert) gibt’s auch bei "She’s so tight" zu hören. Und auf der B-Seite versteckt sich mit „Time to let the sun shine on me“ noch Night-Club-Soul der samtenen Sorte.
[Jochen Praefcke]
Dire Straits
- Communiqué (1979) -
Als Dire Straits im Jahre 1979 ihr zweites Album „Communiqué' veröffentlicht haben, war deren Musik noch von knackig-kompaktem Pop/Rock-Songs geprägt. Danach erst entwickelten sie sich in Richtung der großen, überlangen Epen (a la Tunnel of Love von 1980, Telegraph Road von 1982 oder Brothers in Arms von 1985) und der Klangmalereien (a la Private Investigation, ebenso von 1982). Im epischen Spätwerk hingegen fiel die Qualität der wenigen knackig-kompakten Songs allerdings sehr stark ab (mit Walk of Life als absolutem Tiefpunkt - der vermutlich schlimmste Song aller Zeiten). ‚Communiqué' hingegen erlaubt sich kaum Durchhänger - ein Song besser und treibender als der andere! Zumal Mark Knopfler gitarristisch auf dem Zenith war. Gänsehaut pur, das ganze Album durch. Allein wie in Where do you think you're going gegen Ende zuerst die Rhythmusgitarre an Intensität gewinnt, und dann aus der steten Wiederholung des charakteristischen Fills letztendlich das Solo geradezu herraussprudelt ... allergrößtes Gitarrenkino! Ähnlich großartige Gitarrenarbeit gibt es in News und in Single-Handed Sailor zu hören. Das fröhliche Portobello Belle und das geradezu country-esk banale Angel of Mercy steigern die Sommerlaune in ungeahnte Höhen.
[Jochen Praefcke]
Lindsey Buckingham & Stevie Nicks
- Buckingham Nicks (1973) -
Fleetwood Mac’s Album Rumours von 1977 ist wohl eines der genialsten Alben überhaupt, und Fleetwood Mac hatte seit den Anfängen als Blues-Rock-Band einen erstaunlichen Stilwandel durchgemacht. Wer hinter dem Wandel zu dieser genialen Pop-Rock-Melange steht, beantwortet das bereits 1973 erschienene Album Buckingham Nicks von Lindsey Buckingham und Stevie Nicks sehr eindrücklich. Beide schlossen sich nach dem kommerziellen Misserfolg des Albums im Jahre 1974 dann Fleetwood Mac an - et voila! Wer den Rumours-Sound mag, der wird auch Crying in the night, Frozen Love oder - mein Favorit der Platte - Long distance winner lieben. Geschrieben wurden alle Titel von Mr. Buckingham und Ms. Nicks höchstselbst, und auch zu Rumours haben sie dann 4 Jahre später einen großen Teil der Songs beigesteuert. Am Plattencover kann der geneigte Betrachter erkennen, dass Lindsey und Stevie 1973 noch ein Paar waren - bei Rumours waren sie bereits getrennt, was ihrer Genialität und Kreativität aber offenbar keinen Abbruch tat.
[Jochen Praefcke]
Elton John
- Elton John (1970) -
Im Jahre 1970 veröffentlichte Elton John sein zweites Album und nannte es schlicht 'Elton John'. Das Album machte ihn zum Star, und angesichts des total gefloppten Vorgängeralbums ist man versucht, dieses 1970er-Album als sein wahres Debütalbum zu betrachten. Wie danach über Jahrzehnte hinweg üblich hat Elton John die Musik geschrieben, die Texte aber stammen allesamt von Bernie Taupin. Ein grandioses Team: das Album beinhaltet mit Your song (legt die Taschentücher bereit …. my gift is my song, and this one’s for you… zum dahinschmelzen), Take me to the pilot und dem Border Song gleich drei Lieder für die Ewigkeit - letzteres mit dem zeitlosen Appell „There’s a man over there, what’s his colour, I don’t care, he’s my brother, let us live in peace“. Dem ist auch 52 Jahre danach nichts hinzuzufügen, Mr. Taupin! Weniger geläufig, doch mindestens so hörenswert sind die orchestralen Songs Sixty years on und The king must die.
[Jochen Praefcke]
Januar 2022
Denise La Salle, Here I am again
Westbound Records, W-209
Side A: Here I am again, Married but not to each other, Share your man with me, I wanna do what's on your mind, Trying to forget
Side B: My brand on you, Stay with me a while, Anytime is the right time, Don't nobody live here (by the name of Fool), Hit and run
Denise La Salle
- Here I am again (1975) -
Denise La Salle bietet auf Ihrem 1975er-Album Here I am again klassischen Seventies-Soul der samtigen Sorte. Thematisch haut sie in eine Kerbe, die aufmerksame Newsletter-Abonnenten nur allzu gut von Millie Jackson kennen (siehe Platten des Monats vom März 2021): die ewige Dreiecksgeschichte. Zwei Frauen, ein Mann, das geht halt auf Dauer nicht gut. Denn der unverblümten Aufforderung Share your man with me würden wohl die wenigsten Frauen gerne nachkommen. Dahingegen würde sich mancher Mann von I want to do what’s on your mind wohl hinreißen lassen. Das Denken in Stereotypen macht das Leben so viel einfacher! Und Married, but not to each other kann man wohl am besten mit "blöd gelaufen“ ins Deutsche übersetzen. Abgesehen vom furztrockenen Titel ist der Song nicht mal sonderlich gut. Das herzzerreißende Don’t Nobody live here (by the name of fool) der offenbar emotional erstarkten Denise ist dafür explizit gut gelungen, ebenso die Ballade Stay with me a while … sehr lasziv, in der Tat. Und zu My brand on you und Hit and Run könnte man notfalls sogar das Tanzbein schwingen.
[Jochen Praefcke]
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